Endlich ging das Leben auf dem Segelboot so richtig los! Wir starteten unsere Leben vor Anker Anfang September während des Südostmonsuns. Der Wind blies zu dieser Jahreszeit sehr stark und das Meer war rau. Im Westen der Inseln fanden wir Schutz und aus diesem Grund wurden die Buchten Beau Vallon und Anse Lazio bald zu unserem Vorgarten. Wir waren nicht lang alleine, denn kurz nach dem Refit kamen schon die ersten Freunde zu Besuch. Das erste Mal waren auch wir mit dem eigenen Boot im Entdeckermodus und wollten die Inseln Mahé – Praslin – Curieuse – La Digue erkunden. Der Wind brachte uns in dieser Monsunzeit einen idealen Halbwindkurs für die Überfahrt Mahé – Praslin und wir machten mit über 20 Knoten Wind teilweise über 7 Knoten Speed. Neben der großen Ankerbucht des Beau Vallon, bot sich auch die Port Lanay Bucht an, um dort den Anker zu werfen. Denn dort lag man oft sehr ruhig, der Strandzugang war einfach zu erreichen (ohne große Brandung) und im flachen Wasser in Strandnähe gibt es sehr viele Schildkröten. Auf Praslin entdeckten wir schnell den Anse Lazio für uns, denn das Wasser war zu dieser Jahreszeit sehr klar. Auch vor La Digue fanden wir Schutz in der Überdeckung der Insel und so waren die Ankermöglichkeiten (trotz des doch eher kleinen Segelgebietes) sehr abwechslungsreich. Uns gefielen die Seychellen von Anfang an, denn an manchen der tollen, palmenübersähten Stränden gab es auch die ein- oder andere Beachbar. Immer wieder traf man Deutsche oder Urlauber aus der Schweiz, mit denen man ins Gespräch kam und das Wasser war sowieso unbeschreiblich schön! Das Wetter hätte in den ersten Monaten tatsächlich etwas besser sein können, denn die ersten zwei Monate hatten wir trotz Trockenzeit wahnsinnig viel Regen. Fast täglich prasselte der Regen auf unser Boot und wie zogen uns nach innen zurück. Dauerte der Regen zu lange, entschlossen wir uns irgendwann trotzdem an den Strand zu gehen, denn auch bei Regen ist das Wasser mit circa 28 Grad warm und man kann ohne Probleme im Meer baden. Wir hatten eine schöne Zeit, genossen jeden Moment barfuß über den Strand zu laufen und waren begeistert vom türkisen, glasklaren Wasser. So sah also das Bootsleben aus! Von uns aus hätte es einfach so weitergehen können, doch nach circa sechs Wochen Leben im Paradies, machte Franz einen Fehler. Unzählige Kokosnüsse hatte er in seinem Leben schon aufgemacht – im Pazifik, Australien, Karibik, den Seychellen,… immer war er vorsichtig, immer schaute er auf alles und dachte einen Schritt weiter. Diesmal hatte er eine Esskokosnuss geschält und aufgeklopft – sie sah perfekt aus. Um die weiße Kokosnuss herauszuschneiden, braucht man eigentlich nur ein gewöhnliches, stumpfes Küchenmesser. Doch Franz nahm das schärfste Fischermesser, dass wir an Board hatten, er dachte nicht darüber nach und setzte an… und schon passierte es – er rutschte mit dem Messer ab und schnitt sich tief in den Muskel im Handballen. Die Wunde klaffte außeinander und die Aufregung in diesem Moment war groß. Am Strand waren Lifeguards stationiert, sie verbanden die Wunde und riefen sofort ein Taxi ins Krankenhaus. Wenige Minuten später war es da und Franz fuhr mit nach Praslin (einer Insel mit 8000 Einwohnern) ins Krankenhaus. Nach einer guten Stunde kam er mit genähter Wunde zurück. Die Naht gewann sicher keinen Schönheitspreis, doch es erfüllte seinen Zweck und ging sehr schnell. Der Begriff Einhandsegeln bekam in den nächsten Wochen eine neue Bedeutung, denn Franz musste mit nur einer Hand alle Tätigkeiten am Boot erledigen. Klar war ich auch zur Unterstützung da, doch Franz konnte mit einer Hand wohl immernoch besser erledigen als ich mit zwei Händen 🤪. Franz kämpfte sich durch und versuchte seine verletzte Hand wirklich nicht zu benutzen. Auch Wasser war für ihn die nächsten Wochen tabu, denn Salzwasser hat viele Bakterien und ist daher für die Wundheilung wirklich nicht von Vorteil.
Ende September kam Judy dann auch noch als Unterstützung mit aufs Boot. Es war lange geplant, denn Judy war schon zweimal bei Mittelmeertörns mit uns dabei,m – allerdings nur für 1-2 Wochen – diesmal blieb sie für zwei Monate. 😎 Ihre Aufgabe an Board: Feelgood Managerin trifft es wohl am Besten. Sie hatte keine feste Aufgabe, denn sie konnte sich vielseitig einbringen – Judy hatte ein Händchen für Kinder, kochte und backte mega lecker und sorgt im Sonnenuntergang für die musische Untermalung mit ihrer Ukulele. Wir machten zusammen Yoga und schwammen ums Boot – Judy war nicht nur für Lion da, sie wurde ein Teil unserer Familie – sie war einfach immer da. Immer kam sie gut gelaunt aus ihrer Kabine hoch und war für jeden Quatsch zu haben.
Nur wenige Tage nach Judys Ankunft segelten wir nach Silhouette – die Insel ist die drittgrößte der Seychellen und sieht nach Jurrassic Park aus – in der Mitte ragt ein hoher Berg in den Himmel (zumindest für die Seychellen ist er hoch 😉) – die Insel ist grün, wild und man könnte meinen, dass dort noch Dinosaurier leben. Im Südwesten gibt es einen kleinen Strand, der uns vor dem momentanen Wind schützt. Wir waren das einzige Boot vor anker – wir hatten auch keine Eile, denn ersteinmal mussten wir die Insel erkunden. Bis zum Hilton Hotel war es ein dreistündiger Fußmarsch – mit Lion nur schwer möglich, doch bis zum ersten Aussichtspunkt (eine Stunde entfernt) war es kein Problem. Wir machten eine Pause und schauten von oben auf unser Boot.
Bei der Rückfahrt zum Beau Vallon bekamen wir dann die gewaltige Macht der Wellen und des Meeres hautnah zu spüren. Es wehte am Anfang mit knapp 20 Knoten Wind, wir segelten mit gerefften Segeln. Als der Wind ausging nahmen wir das erste Reff aus dem Segel und brachten dabei die Angelschnur in den Propeller des Motors. So ein Mist! „Dann fahren wir eben mit einer Maschine weiter“ – dachten wir uns in diesem Moment. Der Wind war sehr gering und bis kurz vor unserem Ziel lief das auch ganz gut, doch kurz bevor wir den Anker werfen konnten setzte der Wind wieder mit 30 Knoten ein, Es gab keine Möglichkeit das Boot mit einer Maschine in die Bucht zu lenken. Man spürte in diesem Moment die Kraft, die der Wind und das Meer mit sich bringen kann. Zu Zweit standen wir mit Rettungsweste im Regen am Steuerstand. Mit einem Motor hatte es keinen Zweck – wir zogen einen kleinen Teil der Fog, kreuzten in der Bucht auf und ab – mittlerweile war es dunkel. Zwei große Schiffe lagen mitten in der Bucht und versperrten uns so die Einfahrt unter Segel. Doch nach einigen Stunden schafften wir es, uns zu einem halbwegs geeigneten Ankerplatz vorzukämpfen und warfen um halb 12 Nachts den Anker auf acht Meter Wassertiefe. Am nächsten Morgen tauchten wir die Angelschnur wieder aus dem Propeller und liesen es in den nächsten Tagen erst einmal etwas ruhiger angehen. Wir verbrachten viel Zeit am Beau Vallon und Franz konnte dort in einem kleinen Krankenhaus nach 12 Tagen auch endlich die Fäden ziehen lassen. Insgesamt dauerte es circa vier Wochen, bis seine Hand wieder nahezu vollständig funktionstüchtig war. Zumindest konnte er – als die nächsten Freunde Stefan und Aileen – zu Besuch kamen auch endlich wieder ins Wasser. Stefan und Aileen waren erst Ostern mit uns auf den Seychellen segeln und kamen ein halbes Jahr später wieder zu Besuch 🙂! Die Zeit mit den beiden war schon immer super entspannt. Es fühlte sich von Anfang an an, als kennt man sich schon ewig und alles ist einfach super unkompliziert. Die beiden kannten auch Judy schon vom dem gemeinsamen Segeltörn auf Mallorca und so war die Wiedersehensfreude noch größer. Wir kochten gemeinsam, backten Zimtschnecken für das Frühstück am Strand und grillten bei schönstem Wetter auf Curieuse. Es war mal wieder eine tolle Zeit! Die beiden waren extra für 7 Tage auf die Seychellen geflogen und wurden zum Glück mit tollen Wetter belohnt!
Stefan und Aileen fuhren mit der Fähre von Praslin nach Mahé zurück. Die beiden verbrachten noch eine letzte Nacht im Hotel. Wir gingen früh ins Bett, denn so langsam beruhigte sich das Meer, der Monsunwechsel kündigte sich an und es war möglich, die Segel nach Fregate zu setzen. Schon der Blick auf die plamenübersähte Insel ist einzigartig und atemberaubend. Es ist wohl eine der schönsten Inseln auf dieser Welt! 🌴❤️🙂 Wir waren die einzigen Gäste, denn viele Katamarane fahren die Insel gar nicht an und das Hotel war seit 2020 geschlossen. Alle Villen wurden während der Coronazeit abgerissen und sollen über fünf Jahre mit hunderten von Arbeitern neu aufgebaut werden. Wir gingen an Land, denn auch wenn die Insel in Privatbesitz ist, sind alle Strände der Seychellen bis zur Wasserlinie öffentlich. Wir verbrachten den ganzen Nachmittag alleine am Strand, erst am frühen Morgen bekamen wir Gesellschaft. Denn als wir aufwachten ankerten auf einmal sechs andere Boote um uns herum. Die Flagge von Quatar wehte auf allen Booten und schnell war klar, dass der Prinz von Quatar mit seiner kompletten Flotte neben uns lag. Auch wenn wir wirklich gerne gewusst hätten was Hamad bin Khalifa Al Thani so alles auf Fregate treibt, verließen wir die Insel am Vormittag wieder, um uns in der Eden Marina auf unseren nächsten Besuch vorzubereiten. Wir schrubbten, proviantierten und bereiteten alles für die Ankunft der Familie Zwiebler-Schmalz vor. Judy zog in die Kabine von Lion ein und Lion wanderte für 14 Tage mit in unsere Kabine. André und Bibi mit den zwei Kids Theo und Mikkel hatten dadurch einen kompletten Rumpf für sich. Ein bisschen kuschelig wurde es schon am Boot und mit drei Kids war das sicher auch nicht immer einfach und man muss die Kinder natürlich auch im Blick behalten. Aber es war eine unvergessliche und sehr intensive Zeit, wir haben zusammen viel erlebt und genau das macht so eine Reise auch aus. Wir suchten nach vergrabenen Schätzen am Strand, malten Postkarten, hörten beim Sonnenuntergang oben am Dach Judy beim Ukulele spielen zu, sind vom Boot aus ins Wasser gesprungen, haben bei Fred einen kreolischen Kochkurs gemacht, die Schildkröten auf Curieuse gestreichelt, La Digue erkundet und vieles mehr. Irgendwie ging die Zeit dann doch schnell vorbei und wir waren alle sehr traurig als sie zurück zum Flughafen fuhren.
Auch Lion vermisste Mikkel und Theo noch viele Tage danach und wir hoffen, dass es nicht der letzte gemeinsame Urlaub war!
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