Vor uns lag die knapp 700 km lange ungeteerte Gibb River Road. Die Straße führt mitten durch die Kimberleys, eine Region, die das Gebiet von Broome bis zum Ende der Gibb River Road einschließlich der Dampier Peninsula umfasst. Es spiegelt die Weite Australiens wieder, denn die Kimberleys sind so groß wie Deutschland und Österreich zusammen. Man braucht sich nicht wundern, dass wir schon in der letzten Woche nicht viele Menschen getroffen haben, denn in den Kimberleys leben insgesamt 38.000 Menschen, 15.000 davon in der Stadt Broome.
Wir kauften Lebensmittel für eine Woche und tankten das Auto in Derby noch einmal voll bevor es auf die staubige Gibb River Road ging. In den nächsten 7 Tagen wird uns kein Supermarkt begegnen, die nächste Tankstelle liegt 300 km entfernt und bereits nach wenigen Kilometern auf der Gibb fand unser Handy kein Netz mehr – was sich auch in den nächsten 7 Tagen trotz großer Hoffnung nicht änderte! ? Immerhin hatten wir für Notfälle – bei Schlangenbissen, Krokodilattacken oder sonstigen Problemen einen Notfallsender im Auto. Würden wir das schwarze Kabel des gelben Kästchens ziehen, wird ein Signal gesendet das von kleineren Flugzeugen und Helikoptern erfasst werden kann und einen Notruf absetzen bei den Flying Doctors absetzen. Da der Timeslot bei einem Schlangenbiss allerdings nur zwischen 5 und 20 Minuten beträgt, wäre die schwarze Schnur an dem gelben Kästchen hier eher eine theoretische Option ;). Die bessere Alternative wäre wohl eher zu hoffen dass es keine giftige Schlange war. Soweit sollte es allerdings zum Glück nicht kommen und wenn man einige Outbackregeln (Klodeckel zu, denn Frösche lieben Wasser und Schlangen lieben Frösche, beim Pinkeln neben dem Auto zu bleiben und nicht hinter den nächsten Busch zu rennen, etc.) beachtet, stellen die Tiere auch keine wirkliche Gefahr da, denn sie haben mindestens genauso viel Angst vor uns wie wir vor ihnen.
Die ersten Kilometer auf der Gibb gingen überraschend schnell. Die ungeteerte Straße war in einem ganz guten Zustand und die vorhergesagten Flussüberquerungen waren eher Pfützen. Uns blieb also genügend Zeit die erste Schlucht zu erkunden. Der Weg führte zu einer Sandbank am Fluss. Vor allem am Abend, wenn die Felswände der Schlucht von der untergehenden Sonne angestrahlt werden war es besonders schön hier zu sitzen und die Ruhe zu genießen. Manche saßen am Strand und haben in einem Buch gelesen, andere spielten mit ihren kleinen Kindern im Sand oder versuchten die Stimmung des Lichtes durch Zeichnungen oder mit Hilfe modernerer Technik einzufangen. Ab und zu schwamm mal ein Süßwasserkrokodil vorbei oder lag faul auf der Sandbank herum. Das Schwimmen war in diesem Fluss aufgrund der sehr vielen (ca. 160) Freschies verboten. Am nächsten Morgen wateten wir noch durch das seichte Wasser in der Höhle des Tunnel Creek, bevor wir uns auf den Weg zum Bell Gorge machen. Sowohl der Bell Gorge als auch der Manning Gorge (unser dritter Gorge auf der Gibb) waren zum Baden geeignet. Durch den Wasserfall gab es keine Freschies (Krokodile können zum Glück noch nicht klettern ;)) und man konnte sich ohne Bedenken in dem Pool abkühlen und von dem Staub der Gibb befreien. Lange wollte man jedoch nicht im kühlen Nass planschen, denn das Wasser war verdammt kalt. Der ein oder andere der uns auf dem 1 stündigen Fußweg zum Gorge begegnete schüttelte schonmal unglaubwürdig den Kopf als er eine aufblasbare Ananas die durchs hohe Gras wanderte und über die Felsen kletterte sah – natürlich hatten wir sie NICHT in der Südsee gelassen, sondern auch hierher mitgenommen. Diesmal erwies sie sich als besonders praktisch gegen die eisige Temperatur des Wassers ?.
Wir hatten schon fast die Hälfte der Gibb River Road geschafft. Die Straße war verwunderlicher weise immer noch in sehr gutem Zustand und auch die Campingplätze waren mit einer warmen Solardusche und einer Toilette mit Spülung und Klopapier überraschend komfortabel ausgestattet – ja, das sind die Dinge über die man sich bei einer Weltreise tatsächlich manchmal am meisten freut ?. Die Campgrounds waren anders als wir es erwartet hätten voll von Australiern, die als Langzeitreisende unterwegs waren oder auch nur gerade Familienurlaub mit den Kids in den Kimberleys machten. Ausländische Touris gab es insgesamt nur sehr wenige hier. Die Gefährte der Australier waren teilweise beeindruckend, denn von den selbst ausgebauten Trailern über Offroadwohnwägen und gewiefte Zeltkonstruktionen war hier alles zu sehen. Egal welche Variante ein Australier wählte, Feuerholz gehörte auf jeden Fall zur Grundausstattung und so loderte am Abend in jeder Ecke ein kleines oder manchmal auch sehr großes Lagerfeuer. Auch wir saßen mit anderen Campern am Feuer zusammen und quatschten. Der Laptop blieb erstmal allabendlich im Technikrucksack, denn powered Campsites waren hier nicht zu finden und der gekaufte Inverter konnte das Macbook auch nur während der Fahrt laden. ?
Am vierten Tag führte uns unser Weg zur Ellenbrae Station. Wir wollten nicht nur die Hauptattraktionen der Gibb sehen, sondern auch mal eine etwas abgelegeneren Stationen anfahren. Larissa und Logan sind die Manager der Ellenbrae Station und hatten uns eingeladen zwei Tage mit Ihnen zu verbringen. Direkt auf ihrem Gelände verläuft ebenfalls ein Fluss, in den man Baden und kajaken kann, oder auf der Sandbank relaxen. Zur Station selbst gehören über mehrere tausend Rinder, für die es in den letzten Jahren allerdings keinen Markt zum Verkauf gab weshalb auch keine Muster mehr gemacht wurde. Den Australiern ist das Fleisch der schlecht genährten und durch das heftige Klima ständig gestressten Kimberley Rinder zu zäh, weshalb die Rinder der Ellenbrae Station seit einigen Jahren glücklich und unversehrt irgendwo auf dem riesigen Gebiet herumlaufen – nichtsahnend, dass sich in den letzten Monaten ein neuer Markt aufgetan hat – Hackfleisch für Mekkes und BK – kein Spaß ?. Die Ellenbrae Station hatte nicht die allergrößten landschaftlichen Highlights zu bieten, dafür jedoch ganz tolle Bewohner und die besten selbstgemachten Scones entlang der Gibb! Larissa backt jeden Tag über 200 Stück und verkauft sie an Camper, hungrige Touris und Einheimische, die nur wegen den Scones vorbeikommen. Die beiden sind wahnsinnig nett, haben alles liebevoll gestaltet und gaben uns einen Einblick in ihr Leben hier in den Kimberleys. Sie gehören zu den wenigen 13.000 Menschen, die das ganze Jahr abseits von Broome in den Kimberleys leben. Fast die komplette Zeit verbringen die Beiden auf ihrer Station. Während der Hauptsaison, versorgen sie von Früh bis Abend ihre Besucher und während der Wetseason ist meist nicht daran zu denken hier weg zu kommen – Logan zeigte uns Bilder und Videos. Das Wasser steht Meterhoch auf den Straßen, man kann sich die gewaltigen Wassermassen, die hier vom Himmel kommen wirklich nicht vorstellen. Die Gewitter Videos gefilmt mit seiner Phantom4 die er uns gezeigt hatte – beeindruckend! Die Ellenbrae Station bietet übrigens auch während dieser Zeit Unterschlupf an. Man müsste sich nur von Kununurra mit dem Heli hinfliegen lassen, da die komplette Gibb in dieser Zeit nicht befahrbar ist! … ob das nicht auch mal eine Reise wert wäre!? ?
Nicht weit vom der Ellenbrae Station hatten wir unseren ersten Platten und konnten gerade noch in Logans Werkstatt zurückrollern. ? Der zweite Platten war dann etwas weiter entfernt und wir mussten selber ran. Nicht weit hinter der Zeit von Logan hatte aber auch Franz den Reifen gewechselt (nur dass Logan gleich noch den Reifen geflickt hatte). ?
Die Straße wurde jetzt zunehmend steiniger, holpriger und auch die Flussüberquerungen wurden tiefer und länger. Nach über 200 km erreichten wir den El Questro Wilderness Park. Er ist in Privatbesitz und gilt als einer der touristischsten aber auch schönsten Parks auf der Gibb. Wir hatten für zwei Nächte gebucht und bereits nach einer halben Stunde in El Questro verlängerten wir um eine Nacht. Für uns war El Questro das Highlights auf der Gibb. Ja – der Park ist auf der einen Seite touristisch, es gibt ein Restaurant, kalte Getränke, am Abend spielt Livemusik, man kann sich Satelliteninternet kaufen und es gibt Ausritte mit den Pferden am Morgen und am Abend. ?El Questro ist in unseren Augen aber nicht zwangsläufig touristisch – es hat auch eine andere Seite. Das Privatgelände umfasst ca. 4050 km2. Es gibt zahlreiche Wanderwege, Gorges, Pools zum Baden, Hotsprings, Lookouts und es ist das 4WD Paradies schlechthin. Die steinigsten Straßen, die tiefsten Flussüberquerungen, die sandigsten Pisten, alles fanden wir hier in El Questro. Man hatte genügend Platz anderen Touris aus dem Weg zu gehen. Es gab private Campgrounds, abseits von allen Anderen, mitten im Bush und wunderschön an einem Fluss gelegen. Mit etwas Glück konnten wir uns auch noch einen davon für die letzte Nacht reservieren. Wir saßen vor unserem Zelt am Lagerfeuer, ein Freshie lag auf der anderen Seite des Ufers und am Abend ging die Milkyway über unserem Lagerfeuer auf.
Die Gibb zu fahren war eines der schönsten Abenteuer bislang und wir waren ein bisschen traurig als auf einmal wieder die Teerstraße vor uns auftauchte. Die ungeteerten Straßen waren eigentlich auch vollkommen ausreichend ?und viel spassiger – mit dem entsprechenden Auto zumindest ?, einem monströsem Toyota Hilux von Britz Campervans der für die 21 Tage die wir ihn hatten ja auch nur lausige 5436 AUD gekostet hat beziehungsweise hätte. ? Gut das wir das nicht ansatzweise zahlen mussten und schade, dass ich hier das Wort Toyota in den Mund nehmen muss. Viel lieber hätte ich von einem Audi Q7 oder wenigstens einem VW Amarok berichtet, aber leider wurde uns da keiner zur Verfügung gestellt ? Vielleicht beim nächsten mal??? @meinem_Arbeitgeber – sollte das hier irgendwer lesen ?.
Es war jedenfalls schön so viel Zeit in der Natur zu verbringen, die Sonne jeden Tag auf und untergehen zu sehen, die Milchstraße jeden Abend am Lagerfeuer zu bestaunen und sich nach den staubigen Fahrten im klaren Wasser der Gorges abzukühlen. Auch wenn das sicher nicht zu unserer Vereinbarung gehört und unseren deutschen Blogbeitrag vermutlich niemand von den Beitragenden lesen wird, möchten wir uns doch bei Britz, Ellenbrae und El Questro für das Erlebnis bedanken. Die Reise auf der Gibb war einfach nur geil und auch wenn wir dieses Erlebnis jedem weiterempfehlen würden, müssen wir leider auch zugeben, dass das Ganze bei Weitem unser Budget gesprengt hätte. Ein Abenteuer dieser Art ist leider auch verdammt teuer.
Viele Grüße, F&N
4 Comments
Hallo ihr 🙂
tolle Impressionen. Tolles Video – sieht nach genialen Erinnerungen aus 🙂
Ich träume schon seit Jahren von der Gibb & nächstes Jahr ist es soweit.
Ich finde allerdings nur Fahrsteckenangaben für 100 km alla 4 Stunden Fahrtzeit.
Ist das tatsächlich so? Klar kommt es auch auf die Jahreszeit drauf an – Anfang oder Ende Trockenzeit – Streckenabschnitte und Co aber darf ich frage wie eure ca-Zeiten für 100 km waren?
Danke!!!
Liebe Grüße!!
Tolle Videos, Bilder und Beschreibungen!!
Ich habe viel über rücksichtslose und laute australische Camper gelesen. Hattet ihr häufiger Probleme mit Campern (Grey Nomads), die ständig Stromgeneratoren neben den Trailern betrieben haben? In der Beschreibung liest man ja, dass die Gibb River Road längst nicht so einsam ist, wie man sich das vorstellt (wünscht).
Ein Scone ist ein Gebäck das eig von den britischen Inseln kommt und wir oft zum Tee mit Sahne und Marmelade gegessen. ? Ja das stimmt, die Ananas war eine gute Idee! Nach 4 Monaten haben wir die Ananas leider auf Bali zurückgelassen. …Die Ananas war tatsächlich undicht ?. Aber vllt schickt uns ja jemand ein neues aufblasbares Etwas und ein AUDI für die nächste Reise wäre auch nicht schlecht ?.
Was sind scones? Also die Ananas im Busch von WA rumtragen, auf die Idee kommt so schnell keiner! Hat sich aber voll gelohnt ist der absolute Hinkucker(natürlich mit Besatzung)Super schönes Video. Einen Audi in WA zu fahren wäre schon toll gewesen. So hätten die sich Kosten für ein Promovideo gespart. Das tut ihnen bestimmt noch leid!!
Genießt die Zeit. Wir freuen uns alle auf euch. Bis bald