In Deutschland sanken die Temperaturen, der graue Himmel breitete sich aus und es regnete. Mit einem Schmunzeln stiegen wir in München in den Flieger und freuten uns auf zwei Wochen, Sonne, Strand und türkises Meer ?. Nein wir wollen euch nicht neidisch machen – höchstens ein bisschen ?. Zuerst ging es nach Istanbul, dann nach Havanna und wenig später mit dem Taxi nach Cienfuegos. Zwischen Schlafen, Filme schauen, rum sitzen und Essen verliert man irgendwann jegliches Zeitgefühl. So genau achtet man nicht mehr auf die Länge der Anreise aber es muss wohl irgendwo zwischen 25 und 30 Sunden gewesen sein, egal, Hauptsache wir waren da und bezogen in Cienfuegos, einer schönen Stadt im Südosten von Cuba, unsere Unterkunft. Es ist der erste Törn mit Freunden – Sabi, Sandra und Johannes kannten wir schon aus dem Studium. Markus kam durch Hand-gegen-Koje dazu und fügte sich von Beginn an super in unsere Gruppe ein – drückte erst einmal jeden 20 CUC in die Hand (wir hatten am Flughafen noch kein Geld gewechselt ?) und spendierte Sabi ein Bier ?. Für die nächsten zwei Tage war erst einmal Provisioning angesagt – wir mussten für 12 Tage und 6 Leute Verpflegung einkaufen! Puuhhh, eine kleine Herausforderung in Cuba. Die Supermärkte sind in staatlicher Hand und mit einer doch eher überschaubaren Auswahl. Doch mit der Hilfe von ein paar Locals an der Base von DYC hatten wir schnell einen Überblick, was es wo zu ergattern gab.
Brav reihten wir uns in die Warteschlange vor dem Supermarkt ein um an die Konserven in den Regalen zu kommen, ergatterten mit einheimischen Pesos Obst und Gemüse am Markt in der Innenstadt zu eher europäischen Preisen (da wurden wir wohl etwas abgezockt ?) und kauften den einzigen Brotladen in Cienfuegos leer. Für umgerechnet 3 € gab es fast 30 Stangen Brot – ein echtes Schnäppchen ?. Das Brot hat sich auf jeden Fall wirklich gelohnt und schmeckte auch an Tag 10 noch wie frisch aus der Bäckerei ?. Im Shop in der Nähe des Hafens ergänzten wir unser Provisioning noch mit Käse, Joghurt, Milch und Schweinelachsbraten. Diese Produkte hatten wir sonst nirgends gesehen. 5 Flaschen Rum, 7 Flaschen Wein und die ein oder andere Palette Bier ergänzten noch unsere Einkäufe und wir bezogen endlich das Boot. Die erste Nacht blieben wir im Hafen liegen, weil die erste Etappe zu lang gewesen wäre – dann feiern wir eben hier Weihnachten. Servietten wurden gefaltet, der Tisch dekoriert und ein 3-Gänge-Menü gekocht. Anschließend wichtelten wir die mitgebrachten Geschenke und Sandra gab sich große Mühe einen leckeren Glühwein zuzubereiten ?. Am ersten Weihnachtsfeiertag legten wir kurz nach Sonnenaufgang ab und segelten Richtung Südwesten. Wir hielten unseren Kurs bei 240° um nicht den Feriensitz der Castro Family zu nahe zu kommen, denn das war nach Angaben des Base Managers eindeutige Sperrzone für alle Charterschiffe. Der Wind kam genau von Achtern mit teilweise über 20 Knoten und ermöglichte uns ein herrliches Schmetterlingssegeln. Wir kamen gut voran und erreichten noch einige Stunden vor Sonnenuntergang Cayo Giano del Este. Auf der kleinen Insel ragte ein rot-weißer Leuchtturm hervor auf dem zwei Kubaner das ganze Jahr leben. ? Für einen kurzen Zwischenstopp war die Insel ideal – wir lagen geschützt und ruhig in der Nacht. Am nächsten Tag ging es weitere 35 sm nach Cayo Largo. Kaum hatten wir abgelegt wurde schon die Angel und die Handline ausgebracht. Fast zeitgleich gerieten die Leinen auf Spannung – zwei Barracudas hatten sich am Haken festgebissen. Sie hatten eine optimale Größe und frisch filetiert waren sie ein hervorragendes Abendessen ☺️. Sogar Markus und Sandra musste sich das eingestehen, auch wenn beide nicht so die Fischfans sind – aber ein Barracuda ist einfach lecker ?.
Schon beim ersten Anblick von Cayo Largo und dem 3 km langen Strand von Playa Sirena kam Karibikfeeling auf. Das Wasser färbte sich türkis und der weiße Strand war mit Palmen umsäumt. Nicht zu vergessen die Cocktailbar, an der man sich einen leckeren, kühlen Mojito, Cuba Libre oder Pina Colada gönnen konnte ?. Wir blieben in der Nacht in der Punta Sirena, in der man den Wind und die Wellen nicht im geringsten merkte – vor allem für unsere beiden manchmal etwas seekranken Mädels war das der absolute Lieblingsankerplatz. Der Hahnepot war noch nicht einmal richtig angebracht, erwachten beide aus ihrem Tiefschlaf ?.
Am nächsten Morgen besuchten einige von uns die Schildkröten Aufzuchtstation auf der Insel und spendeten den Eintritt zum Erhalt der Tierart. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch keiner ahnen, dass eine Schildkröte nur eine Tage später auf unseren Tellern landen wird ?. Wir fuhren zu der nahegelegenen Cayo Rico, der Insel der Iguanas – die faul in der Sonne lagen. Anschließend steuerten wir Cayo Rosario an und gingen auch hier von Board. Hier war wirklich absolute Einsamkeit angesagt – man fühlte sich wie Tom Hanks in Cast Away. Wären wir hier angespült worden, wäre uns sicher nach einigen Wochen auch der ein oder andere Verwendungszweck für den ganzen Plastikmüll eingefallen. Ein Holzstab mit einem Eisen sicherte uns wenigstens eine Kokosnuss, doch ansonsten konnten wir mit den angespülten FlipFlops, Turnschuhen, Flaschen und Fischernetzen eher wenig anfangen.
Wir wollten sowieso nicht in Cayo Rosario bleiben, vor uns lagen weitere 30 sm zu unserem Endziel – Cayo Campos. Das unser Kühlschrank schon irgendwann in Cayo Largo ausgefallen war, merkten wir noch gar nicht – wir wunderten uns höchstens ein bisschen, dass die Getränke nicht mehr ganz so kalt waren und das Stück Käse immer mehr an Höhe verlor und Breite gewann ?. Wir segelten nördlich der Mangroveninseln durch das flache, türkise Wasser – weit und breit war kein einziges Boot zu sehen. Der Wind pfeifte wie auch die Tage zuvor mit 20 Knoten in die Segel, sodass wir gut vorankamen. Mit einem SOG von durchschnittlich 7 Knoten erreichten wir noch am frühen Nachmittag Cayo Campus. Die erste Anlaufstelle war die kleine Lobsterstation kurz vor der Einfahrt zur Ankerbucht – schon die ganzen letzten Tage freuten wir uns auf frische Hummer ???. Ein älterer Mann wartete schon in seiner Badehose. Kaum legte Franz mit dem Dingi an, setzte er schon die Taucherbrille auf und sprang in die Sammelbecken. Er holte die letzten vier Lobster heraus, riss Ihnen bei lebendigen Leib den Kopf ab und drückte Franz die Hummerschwänze mit einem breiten Grinsen in die Hand. Gegen eine Flasche Rum und ein paar Streichwürste tauschten wir die Hummer mit dem Einheimischen und bereiteten nur wenige Stunden später die Hummerschwänze zu. Markus und Sandra werden noch zu richtigen Fischfans ?. Nicht nur wegen der Lobster, sondern auch für den herrlichen Blick auf den weißen Sandstrand, die Palmen und Mangroven und das türkise und klare Wasser hat sich jede Seemeile der Anreise gelohnt. Sofort war klar, dass wir die nächsten zwei Tage hier bleiben werden. Nur ein einziges Boot lag mit uns in der Ankerbucht und auf der Insel lebten vier Kubaner, die an einem kleinen Häuschen arbeiteten. Gleichzeitig waren die Männer aber wohl auch so etwas wie die Wächter des Naturschutzgebietes. Sie empfingen uns mit einem netten Grinsen, öffneten zur Begrüßung ein paar Kokosnüsse mit der Machete ❤️ und spielten eine Runde Volleyball mit. Die Verständigung gestaltete sich zwar etwas schwierig aber mit Händen und Füßen ging es dann doch irgendwie. Manche Wörter ähneln sich ja zumindest ein bisschen und so weiß konnten wir zumindest ein „Langosta“ Essen mit Reis für den nächsten Tag klar machen.
Tag 9: Der Silvesterabend! Die Sonne spitzte in einem satten Orange am Horizont hervor. Auch an diesem Tag ging es schon früh los und wir fuhren mit dem Dinghy an den Strand. Cayo Campos wird auch die Affeninsel genannt. Jeden Morgen kommen Affen zum Strand und versuchten etwas vom Frühstück der Kubaner zu erhaschen. Wir wollten die süßen Tiere natürlich für uns gewinnen und hatten Erdnüsse und Kekse im Gepäck. Nach anfänglicher Scheu trauten sich die Affen immer näher an uns heran und stibitzen schließlich die Leckereien aus unserer Hand. Sandra und Sabi konnten nicht genug davon bekommen. Die Affen waren aber auch einfach zu süß! Irgendwann waren die Erdnüsse und Kekse dann auf jeden Fall leer und die Affen brauchten die nächsten drei Tage wahrscheinlich nichts mehr zum Essen. ? Am Nachmittag war mal wieder etwas action angesagt und Markus übertraf sich mal wieder selbst. Nachdem er in den letzten Tagen schon Fisch und Gemüse gegessen hatte, mit einem Handstand am Strand überzeugte, traute er sich nun an seine Aquaphobie heran (kein Witz: er wollte bisher wirklich nicht ins Wasser). An Tag 9 war auch das vergessen. Er paddelte mit den SUP um das Boot und sprang von allen möglichen Positionen des Bootes in das türkise Wasser – egal ob vom Heck, Bug oder vom Dach – Markus war dabei. Auch Sandra wuchs über sich hinaus und traute sich als erste einen Kopfsprung vom Bug ??. Anschließend gab es einen wohlverdienten Cuba Libre vorne in der Lounge des Katamarans, bevor wir uns für das Silvesterdinner schick machten – Das Leben kann so schön sein ???. Für unser Lobstermenü überlies uns die dänische Familie (das zweite Boot das in der Bucht lag) einen zusammengebauten Tisch mit einem weißen Laken. Stolz präsentierten uns die Kubaner die Hummerschwänze, die sie am Nachmittag aus der Reuse gezogen hatten. Noch nie hatten wir vorher so riesige Langusten gesehen oder gegessen – sie waren gigantisch groß und super lecker ?. Nachdem wir alles verputzt hatten kamen die Kubaner mit einem weiteren Teller – Was war das? Fleisch? Wir verstanden anfangs nicht was sie uns mitteilen wollten aber es handelte sich wohl um eine Delikatesse. „Tortuga, Tortuga“ – rief der Älteste und machte komische Schwimmbewegungen mit seinen Armen. „NNNNeeeeiiinnnn“ – bitte nicht Schildkröte. Er grinste, nickte und machte uns klar, dass es super lecker ist. Sandra blieb der letzte Bissen fast im Hals stecken, als sie mitbekam, was sich da zwischen ihren Zähnen befand. Vor ein paar Tagen hatten Sie die Tiere noch stolz aus dem Auffangbecken der Aufzuchtstation gehoben und jetzt sollten sie die Schildkröte essen!? „Johannes – magst du vielleicht noch etwas von meiner Schildkröte“ – fragte Sandra leise. Wir lachten – uns ging es aber auch nicht anders. Das „Fleisch“ schmeckte einfach nur nach einer Essigmarinade. Wir überliesen die Spezialität den Einheimischen. Nach dem Essen setzten wir uns mit den Kubanern ans Lagerfeuer. Der Wind war immer noch recht stark und der Funkenflug beim Anzünden des trockenen Holzes enorm – aber die Männer wussten schon was sie tun ?. Wir teilten unseren Rum und der 72 jährige Opi mit seinem uralt Handy fand gefallen daran vor allem uns Mädels zu fotografieren. Ein anderer zeigte Johnny und Sandra mit seinem neuen Smartphone stolz Hundevideos und einen Zusammenschnitt von Titanic !??!! Wo waren wir hier gelandet!?? ??♀️ Er schaute die Titanic Szenen so traurig und wehmütig an, dass man ihn wirklich nicht alleine mit seinem Handy stehen lassen konnte. Trotzdem waren wir heilfroh als die Videos zu Ende waren ?. Wir machten Popcorn auf dem Lagerfeuer und liefen mit unseren Leuchtbändern über die Insel. Ich könnte wetten, die Einheimischen haben genau das Gleiche über uns gedacht – was für eine seltsame Gruppe ??♂️. Kurz vor Mitternacht fuhren wir zurück aufs Boot um unter uns die Flasche Rum zu leeren und Punkt 12 Uhr unter einem beeindruckenden Sternenhimmel auf das neue Jahr anzustoßen. Die mitgebrachten Wunderkerzen kamen zum Einsatz, der überaus leckere Apfelwein ?wurde verkostet und wir feierten gemeinsam in das Jahr 2019. Noch knappe drei Stunden saßen wir zusammen und schauten in den Sternenhimmel. Allein die Sternschnuppen, die wir in dieser einziges Nacht gesehen haben, müssten für ein unübertreffliches Jahr 2019 reichen. Irgendwann wusste niemand mehr, was man sich noch wünschen sollte als schon wieder ein Stern am Himmel verglühte.
Obwohl der Abend lang war, legten wir noch bei Sonnenaufgang ab um den kompletten Weg nach Cayo Largo an einem Stück zurückzufahren. Wir hatten den Wind genau auf der Spitze und die Hackwelle machte die Fahrt nicht wirklich angenehm. Der Großteil der Crew bliebt lieber in der Koje liegen und holte noch ein bisschen Schlaf nach. Im Kanal von Estopa wurde es endlich wieder ruhig. Umsäumt von Mangroven schipperten wir durch den engen Kanal und setzten unsere Fahrt nach Cayo Largo im tiefen Blau fort. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir wieder den Ankerplatz vor der Marina. So langsam hatten wir einen Überblick über die Region los Canarreos und waren auch an Board ein eingespieltes Team. Man wusste genau, wer welche Dinge zum Frühstück haben möchte, wir sorgten an Board dafür dass es aufgeräumt und sauber aussieht, verwerteten die Reste in dem immernoch nicht funktionstüchtigen Kühlschrank – um mal wieder etwas leckeres zu kochen oder zu überbacken – und wir wussten genau, wer super gerne den Abwasch macht (Danke Markus!!!). Leider ging die gemeinsame Zeit an Board langsam zu Ende. Wir genossen die letzten Tage in Cayo Largo noch in vollen Zügen. Können wir nicht einfach hierbleiben!? Wir versuchten die Rückfahrt so lange wie möglich herauszuzögern und entschieden die letzte Etappe nach Cienfuegos (80sm) an einem Stück in der letzten Nacht zu fahren. Das Wetter spielte mit und so machten wir uns kurz vor Sonnenuntergang zum Ablegen bereit. Ca. 14 Stunden Nachtfahrt lagen vor uns – die Nachtwache wurde besprochen und gerecht auf alle aufgeteilt. Einer der Männer (Franz bzw. Markus) blieb immer am Steuerstand, die anderen wechselten sich ab, den beiden Gesellschaft zu leisten. Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden am Horizont als wir an Cayo Largo vorbeifuhren. Langsam wurde es dunkler. Zusammen saßen wir alle am Helm und schauten noch einmal auf die Insel zurück. Sabi unterbrach das wehmütige Schweigen: „Ok… Also wir fahren jetzt bis morgen früh um circa 8 Uhr auf dem offenen Meer!?“ – Wir nickten. „Mitten im Dunkeln – wir sehen also Nichts“ – Wir nickten. „Ja, es ist Neumond“. Sabi schaute uns an… „Nur noch eine kurze Frage – Wer von euch hat das schon einmal gemacht?“ ——— Schweigen ——— ? Niemand! … Irgendwann ist immer das erste Mal. ? Am nächsten Morgen liefen wir wie geplant um kurz vor 8 im Hafen von Cienfuegos ein. Nicht ein einziges Boot kam uns in den 14 Stunden entgegen. Wir wechselten uns auf jeden Fall brav die ganze Nacht am Steuerstand ab, hielten Wache, schauten ein letztes Mal den gigantischen Sternenhimmel an und erfüllten uns so alle Wünsche bis 2035. ?Irgendwie konnten wir uns noch nicht trennen und Markus kam noch mit für einen Tag nach Havanna. Wir schlenderten durch die Gassen der Stadt, schlürften Cocktails und gingen noch einmal richtig schön Essen. Die letzten einheimischen Pesos verballerten wir noch für leckere, frittierte Teigwaren mit Marmeladenfüllung – mmmhmmmm.
Es war ein schöner Törn, eine tolle Crew und wieder eine Reise, an die wir lange denken werden. Ihr ward die ersten Freunde, die damals zugesagt hatten mit uns einen Törn zu machen, bevor wir noch eine einzige Seemeile selbst gesegelt waren – das nennen wir mal Vertrauen! ? Markus du hast unsere Crew super ergänzt und wir hoffen, du behälst es in guter Erinnerung, dass du „a weng“ ? mit uns gesegelt bist.
… auf weitere gemeinsame Segelabenteuer! ? LG, Franz & Nadine
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